Zeit ist Geld: Wie eine moderne Zeiterfassung nicht nur die Fertigung unterstützt

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Klaus Kriener

Klaus Kriener

ist Principal Consultant für den Bereich Fertigungsindustrie bei der KUMAVISION

Die Zeiterfassung ein entscheidender Faktor, um die Produktivität und Rentabilität zu steigern. Denn sie ermöglicht es Unternehmen beispielsweise, Engpässe und eine zu hohe Ressourcenauslastung zu identifizieren und daraufhin ihre Prozesse zu optimieren, um Stillstands- und Ausfallzeiten zu reduzieren. Traditionell wird die Zeiterfassung vor allem in der Fertigung eingesetzt, um die Arbeitszeit der Mitarbeitenden bei verschiedenen Arbeitsschritten zu erfassen. Dies dient nicht nur dazu, einen genauen Einblick in den Arbeitsfortschritt zu gewinnen, sondern ist auch für eine realistische Termin- und Kapazitätsplanung essenziell. Doch bei der Zeitwirtschaft geht es um mehr als nur Bearbeitungs- und Durchlaufzeiten. Denn die Erfassung, Bewertung und Verwaltung aller Mitarbeiterzeitdaten auch über die Fertigung hinaus ist die Basis dafür, dass Unternehmen ihre Wettbewerbsfähigkeit aufrechterhalten und langfristig auf dem Markt erfolgreich sind. Für Unternehmen aller Branchen wird die Zeiterfassung zudem ab 2023 zur Pflicht. In diesem Blogbeitrag erfahren Sie, wie Sie mithilfe einer modernen Zeiterfassung nicht nur die gesetzlichen Vorgaben erfüllen, sondern gleichzeitig auch Engpässe identifizieren, Prozesse optimieren und Kostenstrukturen verbessern können und welche Rolle Business Intelligence dabei spielt. 

Abschied von der Stempeluhr

In der Vergangenheit wurden in der Fertigung häufig manuelle Zeiterfassungsmethoden wie Stempeluhren oder Papierbögen verwendet. Diese Methoden waren jedoch ungenau und anfällig für Fehler. Darüber hinaus ist es schwierig, auf diese Weise Echtzeitinformationen über den Produktionsfortschritt zu erhalten. Zudem sind laut dem Grundsatzurteil (1ABR 22/21) des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom September 2022 Unternehmen mit mehr als zehn Mitarbeitern verpflichtet, die Arbeitszeit ihrer Beschäftigten zu dokumentieren. Damit ist die negativen Zeitwirtschaft nicht mehr ausreichend, bei der die Sollzeit automatisch als Arbeitszeit angesehen wird und nur Abweichungen wie Krankheit, Urlaub oder Weiterbildungen erfasst werden. Der vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) am 18. April 2023 vorgelegte Referentenentwurf zum Arbeitszeitgesetz (ArbZG) sieht zudem vor, dass Arbeitszeiten täglich und elektronisch erfasst werden sollen. Aus diesem Grund sollten sich Unternehmen aller Branchen zeitnah Gedanken über die Einführung eines elektronischen Zeiterfassungssystems machen.

Eine Möglichkeit zur digitalen Erfassung stellt die Verwendung von Barcodes dar, die jeden Arbeitsschritt eindeutig kennzeichnen und von den Mitarbeitenden mittels Handheld-Gerät oder Smartphone gescannt werden. Durch dieses Vorgehen entfallen die manuelle Eingabe und Übertragung von Arbeitszeiten, was Fehlerquellen minimiert, Zeit spart und die Zusammenarbeit zwischen den Abteilungen verbessert – und die gesetzlichen Vorgaben an ein objektives, verlässliches und zugängliches System zur Zeiterfassung erfüllt. Zudem ermöglicht die Verwendung von Barcodes, jeden Arbeitsschritt und seine Dauer genau zu verfolgen und transparent zu dokumentieren. Denn das Barcode-Etikett befindet sich auf Fertigungsaufträgen oder anderen Arbeitsdokumenten, die mit den einzelnen Arbeitsschritten verknüpft sind und enthält Informationen über den jeweiligen Prozessschritt, den Mitarbeitenden, die Maschine, das Datum und andere relevante Details. Beim Scannen werden diese Informationen dann automatisch erfasst und in einem Zeiterfassungssystem oder einer Datenbank gespeichert. Hier werden die Daten gesammelt sowie analysiert, Berichte erstellt und Arbeitszeiten verfolgt werden. Darüber hinaus stehen die Daten für andere Softwarelösungen wie z. B. das ERP- oder HR-System zur Verfügung. 

Noch einen Schritt weiter gehen automatisierte Zeiterfassungssysteme, welche mit modernsten Technologien die Arbeitszeit automatisch erfassen. Beispielsweise können mittels Sensoren wie Bewegungsmeldern oder Infrarotkameras die Anwesenheit und Aktivitäten der Mitarbeitenden am Arbeitsplatz zuverlässig erkannt werden. Eine weitere Möglichkeit besteht in der Integration automatisierter Zeiterfassungssysteme mit Maschinen und Anlagen in der Fertigung. Indem Sensoren an den Maschinen angebracht werden, kann das System Beginn und Ende von Prozessschritten selbständig erfassen und die Daten zur weiteren Verwendung an alle angebundenen Datenbanken und Softwarelösungen senden. 

Wie aus Daten Wissen wird 

Zu wissen, wie lange ein Mitarbeitender für einen Arbeitsschritt oder eine Aufgabe braucht, ist die Basis für jede Planung – sei es in der Fertigung oder in anderen Unternehmensbereichen wie der Logistik oder Buchhaltung. Ohne diese Information kann kein Unternehmen langfristig erfolgreich agieren. Denn erst die genaue Dokumentation der Arbeitszeit ermöglicht eine exakte Nachkalkulation von Projekten wie auch Produkten. Durch den Vergleich der tatsächlichen Arbeitszeiten mit den geplanten Zeiten werden Abweichungen und ineffiziente Prozesse sichtbar, Kostenstrukturen können optimiert und Einsparungen realisiert werden. Eine ungenaue oder fehlende Zeiterfassung kann daher zu falschen Kalkulationen und in Folge zu finanziellen Verlusten führen. 

Doch wie schafft man es, die erfassten Zeiten sinnvoll zu analysieren und in aussagekräftige Informationen umzuwandeln? Hier kommt Business Intelligence (BI) ins Spiel. Durch den Einsatz von BI-Tools können Unternehmen die erfassten Zeiten besser verstehen: Denn erst wenn die gesammelten Daten geordnet beispielsweise nach verschiedenen Kriterien gefiltert vorliegen, können Unternehmen Trends erkennen, Muster identifizieren und Zusammenhänge zwischen der Arbeitszeit und anderen Faktoren aufdecken. Ineffiziente Prozesse, Engpässe und Flaschenhälse werden auf diese Weise ebenso sichtbar wie Optimierungspotenziale. All dieses Wissen können Unternehmen dazu nutzen, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um beispielsweise die Produktivität zu steigern und die Durchlaufzeiten zu verkürzen und anhand von Prognosen fundierte Entscheidungen für die Zukunft zu treffen. 

Dashboards ermöglichen es Führungskräften und Mitarbeitenden zudem, wichtige KPIs in Echtzeit zu verfolgen, um auf diese Weise z. B. die Einhaltung des Budgets zu überwachen und rechtzeitig auf Abweichungen zu reagieren. Dies ist besonders bei projektbasierten Arbeiten relevant, um die Kosten im Griff zu behalten und die Rentabilität sicherzustellen. Um die Ergebnisse der Zeiterfassung visuell darzustellen, bieten BI-Tools wie Microsoft Power BI darüber hinaus benutzerdefinierte Berichte und Dashboards. Auf diese Weise können Mitarbeitende die erfassten Daten auf eine verständliche und aussagekräftige Weise präsentieren – und sich so das Commitment der Entscheidungsebene sichern.

Mehr Flexibilität dank App

In der Fertigung ist die Zeiterfassung mittels Barcodes weit verbreitet. Auch in Lager und Logistik scannen Mitarbeitende Etiketten, um ihre Zeiten für verschiedene Arbeitsschritte zu erfassen. In anderen Unternehmensbereichen aber ist diese Vorgehensweise wenig praktikabel. Denn am klassischen Büroarbeitsplatz sind die Aufgaben oft weniger greifbar und weniger strukturiert, die Arbeitsplätze weniger abgegrenzt und die Mitarbeitenden können ihre Aufgaben flexibler gestalten. Daher sind hier andere Methoden der Zeiterfassung häufiger anzutreffen: Die Mitarbeitenden geben ihre Arbeitszeit manuell mithilfe von Zeiterfassungssoftware, Zeiterfassungskarten oder elektronischen Zeiterfassungssystemen an. Gut zu wissen: Auch mit dem BAG-Urteil und dem nun folgenden Gesetz sollen Arbeitszeitmodelle wie die Vertrauensarbeitszeit weiterhin möglich bleiben.

Die Zeiterfassung über eine mobile App ist eine moderne und flexible Lösung für Unternehmen, die nicht auf feste Arbeitsplätze beschränkt sind. Mit einer Zeiterfassungs-App können Mitarbeitende ihre Arbeitszeiten, Projektzeiten, Pausen und anderen relevanten Informationen schnell und bequem über ihr Smartphone oder Tablet erfassen. Dies kann durch manuelle Eingabe, Start/Stopp-Timer oder das Scannen von QR-Codes oder NFC-Tags erfolgen, je nach bereitgestellten Funktionen der genutzten App. Dieses Vorgehen ermöglicht eine zeitnahe und präzise Zeiterfassung unabhängig vom Standort. Denn Mitarbeitende können ihre Zeiten auch direkt von unterwegs oder im Homeoffice erfassen – ein großer Vorteil in Zeiten von Remote-Work, flexiblen Arbeitsmodellen und im klassischen Außendienst. Auch in puncto Nachvollziehbarkeit und Transparenz punktet die mobile Anwendung: Ist es erforderlich, können Apps zusätzlich den Standort des Mitarbeitenden bei Kundenbesuchen oder externen Einsätzen erfassen. Und die erfassten Zeiten stehen in Echtzeit zur Verfügung. So können Mitarbeitende und Vorgesetzte Zeiten sofort einsehen und überprüfen. Automatische Berechnungen von Überstunden, Pausenzeiten oder anderen Regelungen helfen zudem dabei, Fehler zu minimieren und die Genauigkeit der erfassten Daten zu erhöhen.

Projekte im Blick: Warum eine genaue Zeiterfassung unverzichtbar ist

Die Zeiterfassung spielt seit jeher in der Produktion bzw. Fertigung eine zentrale Rolle. Doch auch andere Unternehmensbereiche profitieren von einer exakten Zeitwirtschaft: Für Unternehmen mit projektbasierten Arbeitsstrukturen ist die Zeiterfassung unverzichtbar, um den Fortschritt der Projekte zu verfolgen, den Ressourceneinsatz zu überwachen und den Projektstatus zu analysieren. Es hilft bei der Bewertung von Projektkosten, der Bestimmung der Rentabilität von Projekten und der rechtzeitigen Identifizierung von Engpässen oder Verzögerungen. Zudem ermöglicht die Zeiterfassung eine genaue Abrechnung von geleisteten Stunden. Kundenprojekte können so transparent und korrekt abgerechnet werden und Unternehmen haben eine klare Übersicht über die Arbeitszeit, die für jeden Auftraggeber aufgewendet wurde. In Unternehmen mit mehreren Projekten oder Aufträgen gleichzeitig ist die genaue Erfassung der Arbeitszeit pro Projekt von großer Bedeutung. Dies ermöglicht eine detaillierte Kostenverfolgung, die Zuordnung von Arbeitszeit zu bestimmten Projekten und Tätigkeiten, sowie die Bewertung der Rentabilität jedes einzelnen Projekts.

Eine präzise Zeiterfassung ermöglicht es Unternehmen, die tatsächlichen Kosten für jeden Arbeitsschritt zu ermitteln. Dies ist besonders wichtig, um die Rentabilität von Produkten oder Aufträgen zu bewerten. Die Nachkalkulation basiert auf den erfassten Zeiten und dient als Grundlage für die Kostenkontrolle und die Festlegung von Preisen. Eine genaue Zeiterfassung ist somit ein wichtiger Bestandteil einer modernen und zukunftsorientierten Unternehmensführung – unabhängig von der Branche oder dem Arbeitsbereich. Zudem kommen Unternehmen damit den gesetzlichen Rahmenbedingungen nach, die zukünftig eine elektronische Erfassung von Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit aller Arbeitnehmer vorsehen. 

 

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