Handel im Wandel: Was der Großhandel von B2C lernen kann

Barbara Aichinger

Barbara Aichinger

Ist Principal Consultant bei KUMAVISION und hat langjährige Erfahrung im Bereich Großhandel

Innovative Technologien und einzigartige Einkaufserlebnisse – der Einzelhandel weiß, Kunden zu begeistern. Dieses Wissen bietet Großhändlern viele Chancen.

Die zunehmende Bedeutung des Onlinehandels durchbricht die traditionellen Beziehungen zwischen Produzenten, Groß- und Einzelhändlern sowie Endkunden. Bestehende Absatzwege büßen an Relevanz ein. Auf Online-Plattformen treffen Angebot und Nachfrage direkt aufeinander. Wettbewerber mit Start-up-Mentalität erobern zunehmend Marktanteile. Gleichzeitig wächst eine neue Kundengeneration heran, die digitale Informationsquellen und Einkaufsmöglichkeiten nicht nur nutzt, sondern auch von ihren Geschäftspartnern erwartet.

Um in diesem dynamischen Wettbewerbsumfeld bestehen zu können, müssen sich Unternehmen anpassen und weiterentwickeln. Der Einzelhandel offenbart dem Großhandel dabei wertvolle Einsichten. In diesem Artikel untersuchen wir, wie Großhändler die Strategien und Techniken aus dem B2C-Handel nutzen können, um ihre Beziehung zu bestehenden Geschäftspartnern zu stärken, neue Kundenkreise zu erschließen und den Marktanteil in einem immer intensiveren Wettbewerbsumfeld zu erweitern.

Die neue Einkäufergeneration ist digital

War bis vor kurzem der Außendienst noch Dreh- und Angelpunkt des Kaufprozesses, werden nun digitale Kanäle immer wichtiger.

Der Kaufprozess erlebt derzeit einen grundlegenden Wandel, weg vom traditionellen Außendienst als Kernstück hin zu digitalen Kanälen. Dieser Wandel wird maßgeblich von den jüngeren Generationen vorangetrieben, die nun allmählich die Generation von Einkäufern im Alter zwischen Mitte 40 und Ende 50 ablösen. Diese haben ihre Ausbildung noch ohne Internet, E-Mail und Online-Shops absolviert. Im Gegensatz dazu wachsen die Einkäufer der nächsten Generation als Digital Natives auf. Für sie gehört das Faxgerät genauso wie Telefon mit Wählscheibe oder ein Röhrenfernseher zu den Relikten einer längst vergangenen Ära. Auch ein Web-Angebot mit PDF-Bestellformularen kommt bei dieser Generation nicht über den Status einer VHS-Videokassette hinaus: Lustig, dass es so etwas noch gibt, aber nicht praktisch. In der Zukunft wird daher die Produkt- und Preisrecherche überwiegend online erfolgen, während sich der persönliche Kontakt mit dem Außendienst stark reduziert. Diese Entwicklung hat gravierdende Folgen dafür, welche Informationen und Dienstleistungen Einkäufer von einem Großhändler erwarten.

 

Was Kunden wirklich wissen wollen

Preisrecherche, Produktauswahl und Kauf: Dem Online-Shop kommt eine zentrale Bedeutung in der Customer Journey zu. Das stellt den Großhandel vor die Aufgabe, sein digitales Angebot konsequent auf die Anforderungen der nächsten Generation von Einkäufern auszurichten. Dabei ist es wichtig, einerseits aus dem B2C-Segment gewohnte Funktionen zu integrieren, andererseits den spezifischen Bedürfnissen von B2B-Einkäufern gerecht zu werden.

Denn es gibt klare Unterschiede: Die Lieferfähigkeit ist und bleibt neben dem Preis das entscheidende Kriterium für Einkäufer. Sie erwarten daher im Online-Shop transparente Informationen über Produktverfügbarkeit und erwartete Lieferzeiten. Interessanter ist: Einige Funktionen wie Rezensionen oder ergänzende Produktempfehlungen, die aus dem B2C-Onlinehandel nicht mehr wegzudenken sind, sind für Einkäufern im Großhandel weniger wichtig. Stattdessen legen sie großen Wert auf eine komfortable Suchfunktion, individuell angepasste Preise und Mengenrabatte. Das im Einzelhandel beliebte Click-and-Collect spielt dagegen kaum eine Rolle.

Tipp: Viele B2B-Online-Shops ahmen die Einkaufserfahrungen aus B2C-Shops nach und können so die Ansprüche der Einkäufer nur teilweise erfüllen. Ein tieferes Verständnis für die spezifischen Anforderungen dieser Zielgruppe, etwa durch regelmäßige Kundenumfragen, ermöglicht hingegen eine gezielte Optimierung des Online-Angebots.

 

Den Komfort von Online-Bestellungen bieten

Ein leistungsfähiger Webshop definiert sich nicht allein durch die Wahl der Shop-Software, sondern maßgeblich durch die nahtlose Integration mit dem ERP-System. Diese ist das Fundament für einen effizienten E-Commerce, da sie die von Einkäufern gewünschte Funktionen umsetzbar macht und gleichzeitig den Aufwand für die Datenpflege erheblich reduziert.

Dank der Integration des Online-Shops mit der ERP-Software profitieren Nutzer von folgenden Vorteilen:

  • Echtzeit-Anzeige von aktuellen Preisen und verfügbaren Beständen
  • Anzeige von Lieferzeiten für momentan nicht oder nur begrenzt verfügbare Produkte
  • Übersicht über den Versandstatus der Ware durch Anbindung an Logistikpartner
  • Informationen zu eingegangenen Rücksendungen
  • Elektronischer Versand von Rechnungen, Lieferscheinen und anderen Begleitdokumenten
  • Möglichkeit zur Einrichtung individueller Shops mit spezifischen Rabattstaffeln

Ein besonderes Feature ist die Möglichkeit, individuelle Nutzergruppen mit speziellen Rechten auszustatten. Dies erlaubt es beispielsweise verschiedenen Abteilungen eines Standortes, eigenständig Verbrauchsmaterialien bis zu einem festgelegten Limit zu bestellen. Die Bestellungen werden dabei gemäß der unternehmensspezifischen Rabattstaffeln kalkuliert und direkt an die bestellende Abteilung geliefert.

 

Der Kunde steht im Mittelpunkt

Auch wenn digitale Informations- und Vertriebswege zunehmend an Bedeutung gewinnen, bleibt der persönliche Kundenkontakt weiterhin wichtig. Das Nebeneinander von Online- und Offline-Kanälen birgt Herausforderungen für die interne Kommunikation. Denn für eine gelungene Kundenkommunikation ist entscheidend, dass Vertriebsmitarbeiter nicht nur die Kontaktdaten eines Interessenten oder Kunden kennen. Sie sollten auch einen umfassenden Überblick über die Kundenhistorie besitzen: Über welche Produkte wurde sich in der Vergangenheit informiert? Sind spezielle Informationen online heruntergeladen worden? Gab es bei vergangenen Bestellungen Komplikationen, Beschwerden oder Reklamationen? Da diese Daten in verschiedenen Bereichen des Unternehmens gesammelt werden, sind einfache Excel-Listen längst nicht mehr zeitgemäß. Ein fortschrittliches Kundenbeziehungsmanagement (CRM)-System ist daher unverzichtbar, um einen ganzheitlichen Blick auf alle relevanten Informationen zu gewinnen.

 

Bedürfnisse erkennen und erfüllen

Heutzutage erwarten Interessenten und Kunden eine personalisierte Ansprache sowie maßgeschneiderte Inhalte, die ihnen einen echten Mehrwert bieten – und das über sämtliche Kommunikationskanäle hinweg. Um diese Erwartungen gerecht zu werden, müssen Unternehmen genau wissen, was ihre Kunden wollen. Hierbei kann Künstliche Intelligenz (KI) eine wichtige Rolle spielen: Beispielsweise indem sie die erfolgreichsten Verkaufsstrategien analysiert und Best-Practices daraus ableitet. Oder indem sie zukünftige Entwicklungen hinsichtlich des Bedarfs auf Basis historischer Daten vorhersagt. Auf diese Weise können Großhändler beispielsweise stark nachgefragte Produkte vorausschauend bevorraten, ihre Geschäftsaktivitäten entsprechend ausrichten und gezielt in die richtigen Maßnahmen investieren. Um solche datengetriebenen Einsichten und Vorhersagen zu realisieren, setzen Lösungen wie Microsoft Dynamics 365 auf fortschrittliche Technologien von Microsoft Azure, einschließlich Machine Learning.

 

Nicht mehr nur der Preis entscheidet

Ein hervorragender B2B-Online-Shop allein reicht nicht aus, um im Wettbewerb mit großen Playern und agilen Neueinsteigern zu bestehen. Er ist nur ein Anfang auf dem Weg in eine digitale Zukunft, in der sich Großhändler nicht mehr nur über den Preis vom Wettbewerb abheben, sondern vor allem über den Mehrwert, den sie seinen Kunden bieten. Denn wie im B2C-Handel gilt auch bei Geschäftskunden: Lösen Sie Probleme, statt nur Produkte zu verkaufen! Das Erschließen neuer Märkte bringt einen zusätzlichen Vorteil mit sich: Großhändler reduzieren so ihre Abhängigkeit von traditionellen Vertriebskanälen.

Hier sind einige Ansätze, mit denen Sie Ihren Kunden diesen Mehrwert bieten können:

  • Vermietung ist eine attraktive Option für Kunden, die Maschinen nur für einen begrenzten Zeitraum benötigen – sei es für ein spezifisches Projekt oder um saisonale Spitzen abzufangen. Durch den Einsatz von IoT-Sensoren, die beispielsweise den Gebrauch und den Standort überwachen, sowie KI für die automatische Schadenserfassung kann die Abwicklung optimiert werden.
  • Pay-per-Use ist für Unternehmen interessant, die eine hohe Anfangsinvestition scheuen. Die Kosten entstehen hierbei erst durch die tatsächliche Nutzung der Maschine. Sensoren erfassen dafür die Laufzeit oder den Output und übermitteln die Daten an das IT-System des Großhändlers. Dort erfolgt vollautomatisch eine Abrechnung. Diese Variante lässt sich auch mit der Vermietung kombinieren.
  • Die Abrechnung über Verbrauchsmaterialien funktioniert im Prinzip wie Pay-per-Use. Auch hier bezahlt der Kunde für die Maschine nichts oder nur einen deutlich reduzierten Preis. Er verpflichtet sich jedoch, die Verbrauchsmaterialien – beispielsweise bei einer Verpackungsmaschine – beim Großhändler abzunehmen. Über die Marge wird die Maschine finanziert. Hierfür ist kein Einsatz von IoT-Sensoren erforderlich.

 

Höhere Kundenbindung, mehr Umsatz

Neben neuen Geschäftsmodellen kann der Großhandel mit erweiterten Services zusätzliche Alleinstellungsmerkmale schaffen und so die Kundenbindung erhöhen. Eine Schlüsselrolle spielt hierbei das Internet of Things (IoT), das vielfältige Möglichkeiten zur Serviceoptimierung bietet:

  • Predictive Maintenance: Durch den Einsatz von IoT-Sensoren zur Überwachung kritischer Betriebsparameter wie Temperatur und Vibrationen lassen sich potenzielle Störungen an Geräten und Maschinen frühzeitig erkennen und beheben. Dadurch werden kostspielige Ausfälle verhindert und feste Wartungsintervalle überflüssig. Das senkt die Kosten und steigert die Kundenzufriedenheit.
  • Auch der Einsatz von Apps bietet einen echten Mehrwert und steigert die Kundenbindung. Wer beispielsweise per Knopfdruck Schäden melden oder Verbrauchsmaterialien nachbestellen kann, wird den Unterschied zur Telefonwarteschleife oder der aufwändigen schriftlichen Kommunikation deutlich bemerken.
  • C-Teile-Management: IoT-Sensoren am Behälter melden automatisch, wenn bei Verbrauchsmaterialien eine Mindestmenge unterschritten ist und lösen eine Nachbestellung aus. Am Monatsende werden automatisch alle Bestellungen zu einer Rechnung zusammengefasst.
  • Durch die Automatisierung von Prozessen wie der Rückstandsauflösung und dem Management von Ladenhütern können Großhändler die Kapitalbindung im Lager verringern und so Kosten einsparen. Gleichzeitig führen effiziente logistische Prozesse, beispielsweise durch mobile Datenerfassung, zu kürzeren Lieferzeiten und einer höheren Kundenzufriedenheit.

Die Möglichkeiten zur Entwicklung und Implementierung neuer Services sind nahezu unbegrenzt, vorausgesetzt, die technischen Rahmenbedingungen sind gegeben. Um Großhandelsunternehmen bei der Umsetzung neuer Geschäftsmodelle und Dienstleistungen zu unterstützen, bietet Microsoft zahlreiche vorkonfigurierte KI- und IoT-Lösungen sowie die Azure IoT Plattform. Diese ermöglicht die Echtzeitübermittlung von gerätebezogenen Daten über IoT-Sensoren an ERP- und CRM-Systeme die Basis für digitale Services.

 

Die Antwort auf aktuelle und zukünftige Herausforderungen

Es ist jetzt wichtig, die richtigen Weichen für eine erfolgreiche Zukunft zu stellen. Egal ob es um die Implementierung eines Online-Shops, die Einführung von Pay-per-Use-Modellen oder die Optimierung von Prozessen geht – ein wesentlicher Schlüssel ist eine moderne Branchensoftware, die sämtliche Unternehmensprozesse auf einer einzigen Datenplattform zusammenführt und steuert. Denn es sind die Übergänge zwischen zwei Softwaresystemen, an denen sich Fehler in den Stammdaten einschleichen, Informationen verloren gehen und Abläufe verlangsamt werden.  

Microsoft Dynamics 365 bietet das passende technologische Fundament. Die leistungsfähige und integrierte Business-Software erschließt modernste Technologien für den Mittelstand und unterstützt gleichzeitig das Unternehmenswachstum. Dabei geht es weit über die Funktionen eines herkömmlichen ERP-Systems hinaus. Es stellt Unternehmen eine weltweit einmalige Plattform bereit, die vom Betriebssystem über Datenbanken bis hin zu Applikationen und Cloud-Services alle relevanten Business-Lösungen intelligent miteinander verknüpft. Die ERP-Branchenlösung von KUMAVISION für den Großhandel basiert auf dieser führenden Technologie. Sie wurde speziell entwickelt, um die Anforderungen des Großhandels optimal zu erfüllen und bietet eine Vielzahl an Best-Practice-Prozessen direkt im Standard. Dadurch entfallen aufwändige Anpassungen und langwierige Einführungsprojekte, was Zeit und Geld spart.

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