Das Risiko veralteter Software – oder: Was es wirklich kostet, nichts zu tun

Jens Bornemann
Ist Senior Consultant bei KUMAVISION.
Viele Unternehmen nutzen seit Jahren bewährte ERP-Lösungen – oft in Versionen, die längst nicht mehr dem aktuellen Lifecycle entsprechen. Warum? Weil Updates aufwändig sind, viel Zeit kosten und teuer sind. Deshalb werden Updates auf neue Versionen meist alle 3 bis 5 Jahre durchgeführt – eine Entscheidung für eine komplett neue ERP-Lösung und damit eine topaktuelle, moderne Software fällt sogar oft erst nach 10 bis 15 Jahren. Eine halbe Ewigkeit in einer Welt, in der sich Technologie rasant weiterentwickelt – während das ERP-System in der Vergangenheit verharrt. Was auf den ersten Blick nach Stabilität aussieht, entpuppt sich als Risiko mit hohen Kosten. Denn wer Updates aufschiebt, zahlt einen hohen Preis.
Die unterschätzten Risiken alter Software
1. Gesetzliche Anforderungen nicht mehr abbildbar
Regulatorische Vorgaben ändern sich ständig – und veraltete ERP-Systeme können oft nicht mehr mithalten. Ein aktuelles Beispiel: der Zahlungsverkehr mit SEPA. Die aktuelle SEPA-Spezifikation (Version 3.7 für Deutschland, Version 2.0.2 für die Schweiz) erfordert Anpassungen, die ältere ERP-Versionen schlichtweg nicht mehr unterstützen. Noch gravierender wird es ab 2026, wenn die E-Rechnung für B2B-Transaktionen verpflichtend wird.
Das Problem: Veraltete ERP-Versionen basieren auf überholten Datenstrukturen und API-Schnittstellen, die mit modernen Standards nicht mehr kompatibel sind. Beispielsweise setzen SEPA-Änderungen eine aktualisierte XML-Struktur voraus, während viele alte Systeme nur veraltete PAIN.001/002-Formate unterstützen. Ähnlich verhält es sich mit der E-Rechnung, die standardisierte Formate wie XRechnung oder ZUGFeRD erfordert – Formate, die ältere ERP-Versionen standardmäßig nicht verarbeiten können.
Microsoft und Drittanbieter entwickeln ihre Lösungen jedoch ausschließlich für aktuelle Business Central-Versionen weiter. Unternehmen mit alten Systemen stehen dann vor einer schwierigen Wahl: Entweder sie investieren in teure Workarounds, die meist nur eine Übergangslösung sind – oder sie riskieren, dass zentrale Geschäftsprozesse nicht mehr reibungslos ablaufen. Die Folge: mehr manuelle Arbeit, höhere Fehleranfälligkeit und das wachsende Risiko, gesetzliche Vorgaben etwa zur Dokumentationspflicht, Datensicherheit oder Aufbewahrung nicht mehr zuverlässig zu erfüllen.
2. Hohe Supportkosten und schwindende Expertise
Viele Unternehmen haben in der Vergangenheit ihre ERP-Lösung individuell anpassen lassen, um spezifische Geschäftsprozesse abzubilden. Doch genau diese Individualentwicklungen werden nun zum Problem.
Früher waren individuelle Anpassungen in C/AL üblich und wurden direkt im Standardcode umgesetzt. Mit dem Wechsel zur modernen AL-Architektur und der Entwicklung über Erweiterungen („Extensions“) hat sich die technische Basis von Business Central grundlegend verändert: Tabellen, Felder und Objekte wurden teilweise neu strukturiert – alte C/AL-Anpassungen lassen sich daher nicht ohne Weiteres übernehmen. Zwar können viele Funktionen auch in AL umgesetzt werden, doch das erfordert eine sorgfältige Prüfung und häufig eine komplette Neuentwicklung. Für Unternehmen bedeutet das: Eine Migration bringt Aufwand und Kosten mit sich – stellt aber auch die Frage, ob sich alte Anpassungen überhaupt noch lohnen oder durch moderne Standardfunktionen ersetzt werden können.
Hinzu kommt, dass der Support für ältere Systeme in absehbarer Zeit teurer wird. Denn auch wenn es derzeit noch viele Entwickler mit C/AL-Kenntnissen gibt, liegt die Zukunft klar bei AL und der modernen Entwicklungsumgebung von Business Central. Neue Fachkräfte werden fast ausschließlich in AL ausgebildet und arbeiten mit aktuellen Technologien – während die Expertise für ältere Systeme nach und nach zurückgeht. Wer langfristig an veralteten Systemen festhält, muss daher mit steigenden Kosten für Wartung und Support rechnen – denn spezialisierte Entwickler werden in Zukunft rar und dementsprechend teuer werden. Unternehmen stehen damit in absehbarer Zeit vor einer schwierigen Entscheidung: Entweder alles neu entwickeln oder sich mit einer wachsenden Inkompatibilität abfinden.
3. Sicherheitsrisiken und Cyberangriffe
Mit der Abkündigung älterer ERP-Versionen durch Microsoft und Drittanbieter entfällt nicht nur die Weiterentwicklung, sondern auch die Bereitstellung von Patches und Sicherheitsupdates. Unternehmen, die weiterhin mit alten Systemen arbeiten, setzen sich damit erheblichen Cyberrisiken aus. Hacker nutzen bekannte Schwachstellen gezielt aus – oft mit dramatischen Folgen.
Ein großes Problem sind ungepatchte Sicherheitslücken. Veraltete Systeme enthalten oft Schwachstellen, die längst bekannt sind, aber nicht mehr geschlossen werden. Angreifer scannen gezielt nach diesen verwundbaren Systemen und nutzen sie für Zero-Day-Exploits oder Ransomware-Angriffe. Ohne regelmäßige Updates fehlt vielen Unternehmen der Schutz gegen moderne Angriffsmethoden, wodurch das ERP-System schnell zur Achillesferse der gesamten IT-Sicherheit wird.
Auch die fehlende Unterstützung moderner Sicherheitsstandards stellt ein erhebliches Risiko dar. Alte ERP-Versionen sind oft nicht mit aktuellen Authentifizierungsverfahren oder Verschlüsselungstechnologien kompatibel. Dadurch entstehen Sicherheitslücken, die es Angreifern erleichtern, sich Zugang zu sensiblen Unternehmensdaten zu verschaffen. Wer sich nicht bewegt, läuft Gefahr, dass das eigene ERP-System zu einem offenen Scheunentor für Cyberkriminelle wird.
Hier bieten moderne SaaS-Lösungen einen entscheidenden Vorteil. In der Cloud stellt Microsoft eine hochsichere Umgebung bereit, die kontinuierlich überwacht wird und automatisch die neuesten Sicherheitsupdates erhält. Unternehmen profitieren nicht nur von einem aktuellen System, sondern auch von zusätzlichen Schutzmechanismen wie Multi-Faktor-Authentifizierung, rollenbasiertem Zugriff und einer durchgängigen Verschlüsselung. Wer auf eine cloudbasierte ERP-Lösung setzt, reduziert nicht nur die Angriffsfläche erheblich, sondern auch den eigenen Aufwand für Wartung und Sicherheitsmaßnahmen.
4. Eingeschränkte Benutzerfreundlichkeit und Flexibilität
Veraltete Software bremst außerdem die Produktivität. Moderne ERP-Systeme sind heute tief in das Microsoft-Ökosystem eingebettet. Sie ermöglichen ein nahtloses Zusammenspiel mit Microsoft 365, der Power Platform und weiteren Anwendungen und damit eine weitreichende Automatisierung von Geschäftsprozessen. Daten fließen automatisch zwischen Outlook, Teams, SharePoint und Excel, Prozesse greifen ineinander, und intelligente Workflows reduzieren manuelle Aufgaben. Zudem bieten moderne ERP-Lösungen intuitive Benutzeroberflächen, die den Arbeitsalltag erleichtern und Fehlerquellen minimieren.
Viele Unternehmen fahren mit älteren ERP-Versionen aktuell noch gut – doch der Blick in die Zukunft zeigt: Unternehmen, die ihr ERP nicht modernisieren, laufen Gefahr, den Anschluss zu verlieren. Denn Microsoft entwickelt sein Ökosystem konsequent weiter. Ohne eine enge ERP-Integration bleiben Automatisierungsmöglichkeiten wie Power Automate ungenutzt, Datenanalysen mit Power BI erfordern umständliche Exporte, und moderne Kollaborationsfunktionen in Teams oder Outlook lassen sich nicht nahtlos einbinden. Statt effizient zu arbeiten, kämpfen Unternehmen mit Insellösungen sowie fragmentierten Workflows und müssen sich mit umständlichen Abläufen und manuellen Workarounds behelfen – ein unnötiger Zeit- und Kostenfaktor.
Auch die technische Basis spielt eine entscheidende Rolle. Ältere ERP-Systeme sind oft nicht mehr mit aktuellen Windows-Versionen kompatibel. Wer beispielsweise noch mit Navision 2009 arbeitet, steht vor einem doppelten Problem: Einerseits lässt sich die Software auf modernen Servern oft nicht mehr betreiben, andererseits hat Microsoft den Support für ältere Windows-Server-Versionen längst eingestellt. Das bedeutet, dass nicht nur das ERP-System selbst veraltet ist, sondern auch die gesamte zugrunde liegende IT-Infrastruktur. Unternehmen kämpfen also nicht nur mit ineffizienten Prozessen, sondern müssen auch immer größere Anstrengungen unternehmen, um veraltete Software überhaupt noch am Laufen zu halten – ein kostspieliges und unsicheres Unterfangen.
5. Innovationsstau und verlorene Wettbewerbsvorteile
Stillstand bedeutet Rückschritt – besonders in der digitalen Transformation. Wer an alten ERP-Versionen festhält, verliert den Anschluss an neue technologische Entwicklungen wie Microsoft Copilot und Künstliche Intelligenz. Der Grund: Diese Innovationen setzen eine moderne ERP-Architektur voraus – insbesondere eine cloudbasierte SaaS-Umgebung, wie sie aktuelle Business Central-Versionen bieten. Nur dort stehen die nötigen Schnittstellen, Dienste und Sicherheitsmechanismen zur Verfügung, die Copilot & Co. überhaupt erst ermöglichen. Veraltete Systeme hingegen unterstützen oft keine modernen APIs und lassen sich nur mit hohem Aufwand anbinden. Dadurch bleibt das volle Potenzial digitaler Geschäftsprozesse ungenutzt.
Während moderne Unternehmen ihre Effizienz steigern, indem sie KI-gestützte Analysen oder automatisierte Workflows in ihre ERP-Umgebung integrieren, werden Unternehmen mit alten Systemen zunehmend abgehängt. Der technologische Abstand wächst – und mit ihm die Herausforderung, ihn später noch aufzuholen.
Managed Services: Updates leicht gemacht
Die einzig nachhaltige Lösung ist der Umstieg auf aktuelle Softwareversionen mit einer klaren, langfristigen Update-Strategie. KUMAVISION unterstützt Unternehmen dabei mit Managed Services, die – sofern beauftragt – das regelmäßige Update-Management in der Cloud (SaaS) übernehmen. Dort erfolgt der Aktualisierungsprozess nahtlos: Microsoft stellt alle vier Wochen Updates bereit, die vorab in einer Sandbox getestet werden können. Mit dem passenden Servicepaket kümmert sich KUMAVISION um Planung, Test und Umsetzung – damit das System stabil und einsatzbereit bleibt, ohne unerwartete Unterbrechungen. Unternehmen mit On-Premise-Lösungen sind hingegen selbst für Wartung und Updates verantwortlich – können aber ebenfalls durch individuelle Services von KUMAVISION entlastet werden.
Fazit: Stillstand kostet
Wer an veralteter Software festhält, riskiert steigende Kosten, Sicherheitslücken und den Verlust von Innovationsfähigkeit. IT-Teams sehen das Problem oft früh, doch auf Entscheiderebene wird es häufig unterschätzt. Das führt dazu, dass Umstellungen zu lange hinausgezögert werden – bis es plötzlich keinen Spielraum mehr gibt.
KUMAVISION sorgt dafür, dass Unternehmen nicht nur mithalten, sondern vorausgehen – mit nachhaltigen ERP-Strategien, die Sicherheit und Zukunftsfähigkeit garantieren. Denn: Wer stillsteht, fällt zurück.